Pro Mobilität wählte am 7. Juni Eduard Oswald zum Nachfolger von Dr. Peter Fischer. Mehr über den neuen Präsidenten Eduard Oswald, Bundesminister a.D. und Bundestagsvizepräsident a.D. erfahren Sie in unserer Pressemeldung zum Amtswechsel.
Seit der Gründung des Verkehrsinfrastrukturverbandes im Jahr 2002 hatte Fischer als Präsident die Diskussionen um die Rolle der Straße im Verkehrssystem und die für ein modernes Verkehrsnetz erforderliche Finanzierung begleitet. Er nahm zu einem Zeitpunkt Abschied, da Straßen in Politik und Öfffentlichkeit wieder als unverzichtbare Säule moderner Mobilität geschätzt werden.
Pro Mobilität nutzte den Anlass des Präsidentenwechsels zu einer Bestandsaufnahme der Verkehrsinfrastrukturpolitik und der Umsetzung der Empfehlungen der Pällmann-Kommission aus dem Jahr 2000. Vor rund 200 Gästen aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft stellteProf. Dr. Karl-Hans Hartwig vom Institut für Verkehrswissenschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster in seinem Festvortrag die Frage nach der „Bereitstellung der Bundesfernstraßen im Wandel?“
Aktuell ist die Zeit der Stagnation bei der Finanzierung der Straßeninfrastruktur vorbei. „Der Anstieg der Investitionen führt dazu, dass die Finanzierung ist nicht länger der Engpass der Infrastruktur-Bereitstellung ist“, darauf wies Stefan Gerwens, Geschäftsführer von Pro Mobilität bei seiner Begrüßung hin. Bei den Bundesfernstraßen näherten sich die Investitionen bis 2019 allmählich dem Bedarf und die Idee einer Bundesfernstraßengesellschaft als effizientere Alternative für Planung, Bau und Betrieb von Autobahnen werde von Haushalts- und Verkehrspolitikern intensiv diskutiert.
Prof. Hartwig stellte zu Beginn seines Vortrags fest, dass der Gedanke einer solchen Gesellschaft im Kern nicht neu sei, er gehe auf den Schlussbericht der Pällmann-Kommission aus dem Jahr 2000 zurück. 1999 hatte die Bundesregierung eine Expertenkommission unter dem Vorsitz von Dr. Wilhelm Pällmann beauftragt, Finanzierungsmöglichkeiten für die Bundesverkehrswege außerhalb des Bundeshaushalts zu prüfen . Als Lösung habe Pällmann ein Paket aus Bundesfernstraßengesellschaft, Nutzergebühren nach dem Prinzip „Verkehr finanziert Verkehr“, der Abstufung von Bundesstraßen mit geringer überregionaler Bedeutung auf die Länder und der Beteiligung Privater an Bereitstellung und Finanzierung empfohlen.
Hinter die Reformfähigkeit politisch geprägter Infrastrukturbereitstellung machte Hartwig ein Fragezeichen, weil aus der Perspektive der politischen Ökonomie systematische Anreize zur Unterfinanzierung und der Vernachlässigung der Erhaltung zu berücksichtigen seien. Die Wähler haben demnach eine Vorliebe für sichtbare Neubaumaßnahmen und nur geringes Interesse an Erhaltungsmaßnahmen, die zunächst zu weiteren Baustellen und Staus führen. Fernstraßen seien mit hohen Kosten in Gegenwart und unsicherem Nutzen in der Zukunft verbunden. Bei der Politik entstehe ein Anreiz für Neubaumaßnahmen, was auf Bundesebene zu einer Beeinflussung des Bedarfsplans und auf Länderebene zur Umwidmung von Bundesmitteln führen könne. Politik folge dem Anreiz der Stimmenmaximierung was zwangsläufig zu mehr öffentlichem Konsum und einer Unterinvestition der Infrastruktur führe.
Damit stecke die Politik in der „Rationalitätenfalle“: Wider dem Wissen um den Bedarf und den langfristigen Nutzen von Infrastrukturinvestitionen werde die nur allzu menschliche Präferenz nach Gegenwartskonsum befriedigt.
Um dieses Prinzip der „Rationalitätenfalle“ zu durchbrechen und folgte Prof. Dr. Hartwig in seinem Fazit der Pällmann Kommission in der Empfehlung die Fernstraßenfinanzierung aus dem Bundeshaushalt herauszulösen und sie an eine öffentliche Bundesfernstraßengesellschaft zu übertragen.
Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie würdigte Fischer in seiner Laudatio, stellvertretend für das ganze Präsidium von Pro Mobilität, als kompetente und dialogbereite Persönlichkeit. Weit über Parteigrenzen hinweg sei in seiner Amtszeit ein Verständnis für bedarfsorientierte Investitionen in Straßen geschaffen worden, das vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Fischer habe mit seiner Arbeit einen Wandel mitbewirkt, für den jedoch immer wieder neu geworben werde müsse. Verkehrsinfrastruktur brauche daher auch in Zukunft eine starke Stimme und viele, die sich für dieses Zukunftsthema engagieren. Wissmann hob die Bereitschaft Fischers hervor, in der Diskussion um Straßeninfrastruktur und deren Finanzierung auch die andere Seite immer als Partner zu sehen und nicht als Gegner. Das verbinde ihn mit seinem Nachfolger Eduard Oswald.
Dr. Peter Fischer dankte in seiner Abschlussrede seinen aktuellen und früheren Präsidiumskollegen für deren Engagement. Ein branchenübergreifendes Bündnis wie Pro Mobilität lebe mehr noch als eine Branchenorganisation von den Impulsen seiner Mitglieder. Sein Dank gelte daher insbesondere den Mitgliedsunternehmen und -verbänden, die Pro Mobilität zum Teil schon sehr lange begleiteten. Das Team der Geschäftstelle habe mit dieser Unterstützung viel bewegen können. Er danke auch den Staatssekretären und Mitarbeitern in den Parlamenten von Bund und Ländern sowie den wissenschaftlichen Einrichtungen für den sachlichen Dialog. Argumente sorgfältig abzuwägen und fachlich zu belegen, sei ihm als Markenzeichen des Verbandes stets ein wichtiges Anliegen gewesen. Lobbyismus im Sinne des fachlichen Rats sehe er als Beitrag zur besseren Gestzgebung, denn er versetze die politischen Entscheider in die Lage ein Thema von vielen Seiten zu beleuchten und Anliegen abzuwägen. Pro Mobilität habe sich daher von Anfang an um eine sachliche Betrachtung der Rollenverteilung der Verkehrsträger und um eine Stärkung der Vernetzung der Verkehrswege bemüht.
„Pro Mobilität ist die Ausgangslage und immer muss es heißen: pro Modernität“; unterstrich der neue Verbandspräsident Eduard Oswald in seinem Ausblick auf die Zukunft des Verbandes und seiner Aufgaben. Am 27. September werde Pro Mobilität mit Bundesminister Alexander Dobrindt und Abgeordneten der Bundestagsfraktionen in einer öffentlichen Veranstaltung über die künftigen Herausforderungen in der Mobilität und für eine moderne Verkehrsinfrastruktur diskutieren. Die 2017 bevorstehende Bundestagswahl biete den Parteien die Möglichkeit, wichtige Anliegen in den Wahlprogrammen zu fortzusetzen. Er, Eduard Oswald, freue sich darauf, an die erfolgreihe Arbeit von Dr. Fischer anzuknüpfen und diese fortzuführen.
(Photo, v.l.n.r.: Eduard Oswald, Dr. Peter Fischer, Erika Fischer, Mathias Wissmann, Kurt Bodewig)