Digitalisierung

Politische Handlungsempfehlungen

  • Flächendeckende Einführung einheitlicher digitaler Baugenehmigungsverfahren
  • Durch digitale Bauprozesssteuerung eine partnerschaftliche und transparente Projektabwicklung zwischen den Vertragspartnern fördern
  • Modernisierung und zügige Umsetzung von Methoden und Algorithmen zur Zustandserfassung und -beurteilung sowie Erstellung von Prognosen
  • Zusammenführung und Vernetzung sämtlicher Objekt- und Bestandsinformationen in Data-Hubs als Grundlage für den Aufbau Digitaler Zwillinge für Betrieb und Erhaltung
  • Durchgängige und vollständige digitale Dokumentation von Betriebszuständen und Bauwerkszuständen durch konsequenten Einsatz von Messtechnik
  • Förderung digitaler Plattformen zur Optimierung von Großraum- und/oder Schwertransporten (GST)
  • Aufbau von Kollaborationsplattformen zur Bereitstellung der Daten für alle relevanten Prozessakteure unter Beachtung der Konformität mit den einschlägigen Regelwerken und der technischen sowie wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit
  • Vereinfachung und Automatisierung bürokratischer Prozesse Erweiterung pseudonymisierter Datennutzung für Verkehrsüberwachung und -steuerung
  • Förderung intelligenter Verkehrssteuerung zur Reduktion von Staus und Umweltbelastungen
  • Automatisiertes Fahren durch Verordnungen stärker im Realbetrieb ermöglichen Schaffung eines innovationsfreundlichen Rahmens für multimodale Mobilitätsplattformen
  • Zeitnahe Schaffung der regulatorischen Rahmenbedingungen zur Einführung einer digitalen Fahrzeugakte

Technologischen Fortschritt nutzen, Innovationen fördern: Digitale Transformation gestalten

Die Digitalisierung des Verkehrssektors schreitet voran und wird die Mobilität von morgen maßgeblich mitbestimmen. Um die deutsche Verkehrsinfrastruktur als elementaren Standortfaktor zu erhalten, bedarf es leistungsfähiger, innovativer und digitaler Technologien entlang des gesamten Lebenszyklus von Planung und Bau bis zum Betrieb. Dabei gilt es, die Digitalisierung gleichzeitig als ein wichtiges Instrument auf dem Weg zu einer nachhaltigen, industriell geprägten Gesellschaft zu begreifen. Digital unterstütztes Bauen, datenbasiertes, lebenszyklusorientiertes Verkehrsinfrastruktur-Management und die permanente digitale Überwachung von Bauwerken wie beispielsweise Brücken schaffen Sicherheit und helfen, den optimalen Zeitpunkt für Bauwerkserhaltung, Instandsetzung und Erneuerung zu finden – unter Berücksichtigung aller Randbedingungen.

Digitale Planung und Vergabeverfahren

Die fehlende digitale Zusammenarbeit zwischen den öffentlichen Auftraggebern und der Bauwirtschaft, von der Planung über die Angebotsbearbeitung und Vergabe bis zur Bauabwicklung, führt zu enormen Zeitverlusten bei Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie der Realisierung von Infrastrukturprojekten. Zudem führen fehlende Vernetzung von Daten wegen unterschiedlicher Systemlandschaften oder IT-Anwendungen, unvollständige sowie gänzlich fehlende Bestandsdaten trotz des Einsatzes von Building Information Modelling (BIM) zu Informationsverlusten, die Planungs- und Ausschreibungsfehler hervorrufen und dadurch die Projekte unnötig verteuern oder verzögern können. Deshalb bedarf es der Einführung flächendeckender und einheitlicher digitaler Baugenehmigungsverfahren. Des Weiteren besteht die Notwendigkeit, Bestandsdaten und Archive zeitnah standardisiert zu digitalisieren und dabei Strecken mit hoher wirtschaftlicher und verkehrlicher Bedeutung zu priorisieren. 

Digitales Baumanagement

Der Einsatz digitaler Technologien im Bauprozess erhöht die Produktivität, spart Kosten und reduziert die Informationsdefizite aller am Bau beteiligten Akteure. Eine digitale baubegleitende Qualitäts- und Prozesssteuerung mit integrierter Dokumentation der wesentlichen Qualitätsparameter verkürzt die Sperrzeiten, vermindert teure Nacharbeiten und verlängert die Liegedauern der Straßen. Dies führt zu weniger Baustellen, schont somit öffentliche Budgets und steigert die Leistungsfähigkeit der Infrastruktur. Der Einsatz digitaler Werkzeuge erhöht zudem die Attraktivität von Tätigkeiten im Zusammenhang mit Straßenbauvorhaben sowohl im Bereich der Angestellten als auch beim gewerblichen Personal und deren Produktivität. Somit begegnet die Digitalisierung dem Fachkräftemangel in gleich mehrfacher Hinsicht. 

Digitale Technologien sind eine wichtige Grundvoraussetzung für ein ökonomisch und ökologisch nachhaltiges Bauen. Es werden nicht nur die Verfügbarkeit und der Ausnutzungsgrad von Ressourcen wie von Nutzfahrzeugen und Baumaschinen erhöht. Digitale Werkzeuge ermöglichen auch neue Ansätze der Bauprozesssteuerung nach den Kriterien der ökonomischen und ökologischen Nachhaltigkeit. Sie erlauben es gleichzeitig, die wachsenden Dokumentationspflichten wirtschaftlich effizient zu erfüllen. Es gilt, Digitalisierung als besondere Fördermöglichkeit nachhaltiger Bauweisen zu verstehen und beide Innovationspfade auf Ebene des Bundes und der Länder miteinander zu verknüpfen.

Betrieb und digitales Erhaltungsmanagement

IT-Systeme, in denen Planungs-, Ausschreibungs-, Bau- und Bestandsinformationen zusammengeführt und ganzheitlich analysiert werden, stellen innovative Lösungen für ein effektives sowie effizientes Erhaltungs- und Planungsmanagement für unsere Brücken und Verkehrsnetze dar. Die intelligente und zukunftsorientierte Bewirtschaftung der Infrastruktur (Asset Management) beruht auf drei Säulen: (1) Der Einsatz von Sensornetzwerken liefert Informationen über Verkehrs- und Bauwerksdaten, (2) Algorithmen selektieren die entscheidenden Schlüsselinformationen und leiten zustandsorientierte Handlungsempfehlungen ab und (3) leistungsfähige Netzwerke mit digitalisierten historischen Daten und Bestandsinformationen vernetzen die Informationen zu einem Bauwerk- oder Netzwerkinformationsmodell und damit letztlich zum ganzheitlichen Asset- und Verkehrsmanagementsystem. Dies ermöglicht - basierend auf tagesaktuellen Informationen - verbesserte Prognosen zur Bestandsentwicklung, automatisierte Variantenvergleiche, erleichtert bzw. sichert Entscheidungen ab, verringert den Arbeitsaufwand bei Bauwerksprüfungen und verkürzt Planungsphasen sowie Reaktionszeiten für Zustandsbewertung und Zustandserhaltung sowie sich daraus ergebenden Maßnahmen.

Die Nutzerperspektive

Die digitale Vernetzung von Verkehrsteilnehmern, Fahrzeugen und der sie umgebenden Infrastruktur sowie autonome Systeme versprechen Komfort, Sicherheit, eine effizientere Ausnutzung der vorhandenen Infrastruktur und Ressourcenschonung. Intelligente Verkehrssteuerung steigert die Leistungsfähigkeit und Lebensdauer von Straßen, Neu- und Ausbaumaßnahmen werden dadurch erst später notwendig, unfallträchtige Staus werden reduziert und Lieferketten werden resilienter. Digitale Plattformen und Technologien im Bereich des Güter- und Schwerlasttransports, des autonomen Fahrens und des Verkehrsmanagements stellen die Nutzerperspektive in den Fokus und tragen damit dazu bei, den Bedürfnisse verschiedener Verkehrsteilnehmer zu entsprechen.

Moderne Breitbandnetze als Grundlage

Die Grundlage für die vernetzte und intelligente Mobilität der Zukunft bilden hochmoderne Breitbandnetze sowie die kontinuierliche Bereitstellung verlässlicher Daten von Fahrzeugen, Infrastrukturen und Nutzern unter Gewährleistung einer hohen Datensicherheit. Für den Informationsaustausch in Echtzeit ist ein stabiles und lückenloses 5G-Mobilfunk-Datennetz erforderlich. Hierbei müssen technische Entwicklungen ganzheitlich mitgedacht werden: Die Übertragungstechnik muss standardisiert über die Landesgrenzen hinaus funktionieren. Daten und Informationen müssen dabei kompatibel sein. Datenschutz und Transparenz über die Verwendung der im Straßenverkehr generierten Daten sind zudem wesentlich, wenn es um die Akzeptanz der neuen Technologie bei den Nutzern geht.

Güter- und Schwerlastverkehr durch digitale Plattformen optimieren

Großraum- und/oder Schwertransporte sind unverzichtbar für die Versorgungssicherheit und die Realisierung öffentlicher und privater Infrastrukturprojekte. Es gilt auch in diesem Bereich, die Potentiale der Digitalisierung stärker als bisher zu nutzen, beispielsweise beim digitalen Parkraummanagement oder der durchgehend einheitlichen Digitalisierung des Antrags- und Genehmigungsverfahrens im Großraum- und/oder Schwertransportverkehr (GST). 

Im Interesse eines gesamtvolkswirtschaftlichen Nutzens werden bereits heute in regelmäßigen Abständen verschiedene anonymisierte Daten an, vom BMDV betriebene, offene Datenportale übermittelt. Das kürzlich beschlossene Mautänderungsgesetz sieht vor, Mautdaten in pseudonymisierter Form für Zwecke der Verkehrslenkungg nutzbar zu machen. Diese Möglichkeit gilt es schnellstmöglich in die Praxis umzusetzen und angesichts der knappen Lkw-Stellplatzkapazitäten ein digitales Parkraummanagement an den Autobahnen auf- bzw. auszubauen. Nun gilt es, das Verfahrensmanagement für Großraum- und Schwertransporte (VEMAGS) zu digitalisieren, um einen agilen Informations- und Datenaustausch für Unternehmen zu gewährleisten und das derzeitig starre System, das zu schnell komplette Neuanträge erfordert, zu reformieren. Auch sollte der gemäß der Richtlinie für Großraum- und Schwertransporte (RGST) geforderte menschliche Beifahrer zukünftig flächendeckend durch ein digitales Assistenzsystem („Digitaler-Beifahrer“) ersetzt werden können.

Digitales Verkehrsmanagement für mehr Sicherheit und Umweltschutz

Intelligente Verkehrsbeeinflussung steigert die Leistungsfähigkeit von Straßen und reduziert das Risiko unfallträchtiger Staus. Zudem können die betriebliche und bauliche Erhaltung bzw. Kontrolle, Wartung, Instandhaltung, Instandsetzung und Erneuerung technisch, organisatorisch und finanziell sowie im Sinne der Nachhaltigkeit optimiert werden. Für eine digitale Verkehrslenkung können bereits heute zur Verfügung stehenden Daten aus Fahrzeugen und Infrastruktur (z.B. car2car-Kommunikation, Mautdaten, intelligente Ampeln, Brücken, Markierungen, Parkflächen und Straßenbeleuchtungen) in hochauflösenden und grafisch animierten Informationssystemen vernetzt bereitgestellt werden. Damit ist es möglich, den Verkehrsfluss zu steuern und Staus zu vermeiden und dadurch Schadstoff-Emissionen und Fahrtzeiten deutlich zu reduzieren.

Potentiale des autonomen Fahrens nutzen

Die Potentiale des automatisierten und autonomen Fahrens sind vielversprechend und reichen von Kraftstoffersparnissen, Betriebskostenersparnisse vor allem im Straßengüterverkehr und Zeitkostenersparnisse durch besseren Verkehrsfluss über Sicherheitsgewinne bis hin zu positiven Raumwirkungen in ländlichen Regionen. Für vernetzte Fahrzeugtechnologien und hochautomatisiertes sowie perspektivisch auch autonomes Fahren müssen dabei eine zuverlässige Kommunikationsinfrastruktur sowie Standards für die Fahrzeugkommunikation gewährleistet sein. Der künftige Datenaustausch von Mobilitätsdaten sollte über den Mobility Data Space forciert werden. Mit dem „Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und des Pflichtversicherungsgesetzes – Gesetz zum autonomen Fahren“ hat Deutschland als weltweit erste Nation die Basis für das Inverkehrbringen (Typgenehmigung) und den Betrieb (Einhaltung von Verkehrsregeln) von autonomen Systemen in festgelegten Betriebsbereichen geschaffen. Nach dem Beschluss des Rechtsrahmens muss dieser nun zügig mit Verordnungen für Unternehmen konkreter ausgestaltet werden, um automatisierte Fahrfunktionen in Deutschland noch breiter im Realbetrieb zu ermöglichen. Dazu ist auch eine bundesländerübergreifende Vereinheitlichung der Genehmigungen hinsichtlich des autonomen Fahrens nötig. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit eine Strategie hinsichtlich der Nutzung von Leading Edge Technologien zu entwickeln, um eine vernetzte und smarte Straßenverkehrsinfrastruktur zu erschaffen. 

Digitale Mobilitätsplattformen ermöglichen nutzerfreundliche und effiziente multimodale Verkehre

Digitale Mobilitätsplattformen werden in der Zukunft anhand der vorhandenen Daten die Fähigkeiten besitzen, den Verkehrsfluss optimal zu lenken, präventiv Gefahrsituationen zu erkennen und im Notfall koordinierend einzugreifen. Schon in der heutigen Welt können sie Abläufe und Organisation des Personen- und Güterverkehrs deutlich nutzerfreundlicher und effizienter gestalten. Digitale Plattformen ermöglichen schon heute die Organisation der gesamten Transport- oder Reisekette über verschiedene Verkehrsträger, Regionen und Mobilitätsangebote hinweg. Durch Mobilitätsplattformen wird Transparenz für Nutzer und Anbieter geschaffen. Kommunen, insbesondere in den ländlichen Regionen, wird eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung von Mobilitätsangeboten ermöglicht. Hier gilt es, einen offenen und innovationsfreundlichen Rechtsrahmen zu schaffen, um die Entwicklung multimodaler Mobilitätsplattformen voranzutreiben und auf Basis Digitaler Zwillinge der Verkehrsinfrastruktur (national, regional, kommunal) Mobilitätsangebote zu vernetzen. Im Sinne einer digitalen Mobilität für den Kunden müssen Grenzen zwischen Bund, Ländern und Kommunen bei der Bereitstellung von Mobilitätsdaten aufgehoben und verfügbare Datensätze genutzt werden.

Die Digitalisierung im Straßenverkehrswesen im Sinne der Verkehrssicherheit und Entbürokratisierung konsequent umsetzen 

Die Digitalisierung im Straßenverkehrswesen ist ein maßgeblicher Schritt auf dem Weg zur nachhaltigen und sicheren Mobilität. Im Fokus dabei auch: Die Einführung einer „Digitalen Fahrzeugakte“, in der alle Themen, von der Homologation bis zur Verschrottung des Fahrzeugs – also der gesamte Lebenszyklus – abgebildet werden können. Ebenso sollten in der digitalen Fahrzeugakte neben dem Fahrzeugschein, auch die Bescheinigung über die HU und ggf. der AU-Nachweis sowie weitere relevante Dokumente implementiert werden – wie durchgeführte Änderungsabnahmen, der Kfz-Versicherungsschein oder der „State of Health“ der Batterie bei Elektro-Fahrzeugen.