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Die Zukunft der Straße

Dokumentation zur Veranstaltung am 06. Juni 2018 in der Landesvertretung Baden-Württemberg
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Automatisiertes Fahren, Elektromobilität, Investitionshochlauf, Verkehrsinfrastrukturgesellschaft (IGA), die Ausweitung der LKW-Maut, Dieselfahrverbote oder die Plattform Zukunft der Mobilität. Diese und zahlreiche weitere Themenfelder der Verkehrspolitik stehen derzeitig im Fokus der Öffentlichkeit. Höchste Zeit um sich über die Zukunft der Straße auszutauschen, Herausforderungen und Chancen zu erkennen und in einen gemeinsamen Dialog zu treten.

Der Einladung von Pro Mobilität e.V. und deren Präsidenten Eduard Oswald zur öffentlichen Veranstaltung „Die Zukunft der Straße“ in der Landesvertretung Baden-Württemberg folgten am 06. Juni 2018 mehr als 200 Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Verbänden. Neben dem Präsidenten des Verkehrsinfrastrukturverbandes und dessen Geschäftsführer Christian Funke, konnten mit dem Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer MdB, dem Minister für Verkehr Baden-Württembergs Winfried Hermann MdL und Prof. Dr. Markus Oeser, Direktor des Instituts für Straßenwesen der RWTH Universität Aachen, hochkarätige Gastredner für die Veranstaltung gewonnen werden.

In seiner Eröffnungsrede betonte Eduard Oswald, Präsident von Pro Mobilität, die Bedeutung der Verkehrsinfrastruktur für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Mobilitätsinfrastruktur entscheide „über unsere gemeinsame Zukunft, über Wohlstand in den Regionen und damit im ganzen Land“. Darüber hinaus wies Oswald auch auf die Bedeutung des Verkehrs auf der individuellen Ebene hin. „Mobilität bedeutet persönliche Freiheit. Ein Auto zu fahren und sämtliche Entscheidungen über Zeit, Ort und Weg selbstbestimmt zu treffen, ist ein Stück Lebensqualität.“

Wenige Wochen nach Verabschiedung des Bundeshaushalts 2018/19 und der Finanzplanung bis 2022 zeigte sich Oswald zufrieden mit den geplanten Investitionssummen der kommenden Jahre in die Verkehrsinfrastruktur. Wichtiger als die Sicherung der Finanzierung sei jedoch, dass die Investitionen auch wirklich getätigt werden können. Dazu bedürfe es nicht zuletzt auch Mechanismen der Beschleunigung in Planung und Bewilligung.

„Pro Mobilität steht für eine attraktive Vernetzung – ohne sie gibt es keine zukunftsfähige, emissionsarme Mobilität“ fasste Oswald das Selbstverständnis des Verkehrsinfrastrukturverbandes zusammen. Wichtig sei es, sämtliche Verkehrsträger im Blick zu behalten und intelligent miteinander zu verknüpfen. Nichtsdestotrotz stelle die Straße den einzigen Verkehrsträger dar, der eine Verbindung von „Tür zu Tür“ schaffe und deshalb auf sämtlichen Ebenen, nicht nur auf Fern- und Bundesstraßen sondern auch im kommunalen Straßennetz, die Aufmerksamkeit durch Politik und Wirtschaft verdiene.

Winfried Herrmann MdL freute sich, den Verband in seiner Landevertretung mit wichtigen Zukunftsthemen zu Gast zu haben und erklärte in seinem Grußwort zunächst, was für ihn „Zukunft der Straße“ bedeute. Demnach solle man mit nüchternem Blick die aktuellen Verkehrsentwicklungen bewerten, Entwicklungstendenzen in der Mobilität, Veränderungen in Verkehrssystemen und –technologien sowie Mobilitätsmuster und –bedürfnisse erkennen und wahrnehmen.

Hermann plädierte für eine nachhaltige, sozial verträgliche, wirtschaftliche effiziente und verkehrsträgerübergreifende Mobilität der Zukunft. Zudem müsse die Chance genutzt werden den Innovationsstandort Deutschland durch neue, digitale und nachhaltige Technologien im Bereich der Verkehrsinfrastruktur zu stärken. Bezogen auf die Digitalisierung betonte Hermann die Notwendigkeit des 5G-Breitbandnetzes als Grundlage für ein intelligentes, vernetztes Verkehrssystem.

Hinsichtlich konkreter Maßnahmen vor dem Hintergrund der „Zukunft der Straße“ gab Hermann abschließend einen kurzen Überblick über verschiedene Projekte in Baden-Württemberg. Neben den bereits vom Bund initiierten Testfeldern für Autonomes Fahren habe man in der Karlsruher Oststadt in Zusammenarbeit mit baden-württembergischen Forschungseinrichtungen und Kommunen ein eigenes Testfeld aufgebaut, um herauszufinden, welche digitale Infrastruktur in der Zukunft notwendig und sinnvoll erscheint. Des Weiteren teste man in einem ausgehenden Schwarzwaldtal elektrifizierte LKWs. Die Schiene, so Hermann, könne eine weitgehende Verlagerung des Güterverkehrs aufgrund fehlender Kapazitäten nicht leisten, weshalb über Möglichkeiten nachgedacht werden müsse, den Straßengütervekehr klimaneutraler zu gestalten.

Im Anschluss referierte Prof. Dr. Markus Oeser über „Entwicklungen und Innovationen im Straßen(güter)verkehr“. Der Vortrag, der durch eine anschauliche Präsentation (Link zum Download unter dem Artikel) ergänzt wurde, begann mit einer kurzen Darstellung der derzeitigen Verkehrssituation in Deutschland. In der Folge skizzierte Oeser anhand von Beispielen aus drei übergeordneten Themenbereiche – Digitalisierung, Automatisierung und High-Tech-Material - die Zukunft des Straßenverkehrs.

Bezüglich der Digitalisierung des Verkehrs sprach Oeser über das sogenannte „Building Information Modeling“ und über die Nutzung von Mikroverkehrsdaten. Hier könne man aus den Informationen verschiedener Quellen (beispielsweise eigener Videodetektion oder moderner Sensortechnologie) Daten erfassen und aufarbeiten, die die Grundlage für zahlreiche Anwendungsbereiche darstellen.

Bei der Automatisierung des Straßenverkehrs verwies Oeser auf Fahrer-Assistenz-Systeme und legte anschaulich dar, welche Stufen des automatisierten Fahrens bereits möglich sind und wie zukünftige Systeme zu einer Vollautomatisierung des Verkehrs führen könnten.

Abschließend stellte Oeser diverse High-Tech-Materialien im Straßenbau vor. Die vorgestellten innovativen Materialien sind vielfältig und könnten in der Zukunft verschiedene Problemstellungen des Straßenverkehrs lösen. So erscheine es beispielsweise möglich mittels temperierter Straßen die Verkehrssicherheit und den Verkehrsfluss bei Glätte zu steigern oder durch induktive Energieübertragungssysteme zwischen Straße und Fahrzeug das Laden von e-Fahrzeugen kostenlos und während der Fahrt zu ermöglichen.

Mit Spannung erwartet wurde auch die Rede des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur Andreas Scheuer MdB. Der Bundesminister sprach insbesondere über die derzeitigen Entwicklungen in der Verkehrspolitik, die gleichzeitig auch Grundlage für Diskussionen über die Zukunft der Straße bzw. Zukunft der Mobilität sind. Dazu verwies Scheuer zu Beginn noch einmal auf den Investitionshochlauf im Bundesverkehrsministerium. Dieser sei die Voraussetzung für den Erhalt und die Modernisierung des deutschen Verkehrssystems, insbesondere bezogen auf die Bundesfernstraßen.

Die Einigung der Bundesregierung mit dem Hauptgesellschaftern Toll Collect, Daimler Financial Services und der Deutschen Telekom im Mautschiedsverfahren bezeichnete Scheuer als historischen Durchbruch. Nun könne man unbelastet das Erfolgsmodell LKW-Maut fortführen. In diesem Zusammenhang unterstrich der Minister noch einmal, dass die Nutzerfinanzierung das Modell der Zukunft sei. Zudem bekräftigte er, dass die zusätzlichen Einnahmen aus den aktuellen Wegekostengutachten (2,5 Mrd. €) sowie die Gewinne aus dem Mautschiedsverfahren (400 Mio. €) "eins zu eins" in die Infrastruktur reinvestiert werden sollen.

Der Bundesminister thematisierte in der Folge die Gründung der Infrastrukturgesellschaft (IGA) und des Fernstraßenbundeamtes als größte Reform der Autobahnverwaltung in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Reform bündele Kompetenzen, beschleunige die Planung und ermögliche eine direktere Finanzierung und effizienteres Bauen. Es müsse nun dafür gesorgt werden, dass die notwendigen Mittel zur Umsetzung des Reformprojekts im Haushalt bereitgestellt würden.

Einen weiteren Höhepunkt der Veranstaltung bildete eine Gesprächsrunde sämtlicher Redner des Abends. Die Moderation übernahm Max Haerder, stellvertretender Leiter des Hauptstadtbüros der Wirtschaftswoche.

Moderator Haerder wollte unter anderem von den Diskussionsteilnehmern wissen, was nötig wäre um die, im Laufe der Veranstaltung angesprochenen, Zukunftsvisionen umzusetzen: „Brauchen wir mehr Geld? Mehr Personal? Schnellere Planung? Oder vielleicht auch mehr Bürgerakzeptanz?“. Die Antworten auf diese Frage fielen einheitlich aus. Demnach erhöhe einer Mischung sämtlicher Punkte die Chance, die Zukunft der Mobilität zeitnah zur Gegenwart zu machen.

Der äußerst kurzweiligen und informativen Gesprächsrunde folgte das Schlusswort der Veranstaltung durch den Geschäftsführer von Pro Mobilität, Christian Funke, der alle thematischen Punkte auf das Vertrauen der Wirtschaft und der Bürger in den weiteren politischen Willen zur Stärkung der Verkehrsinfrastruktur zusammenführte. Nur so sei es möglich bei Wirtschaft und Behörden einen dringend benötigten Aufbau an Kapazitäten zu erreichen.

Nachdem Schlusswort freuten sich Protagonisten sowie Teilnehmer der Veranstaltung über erfrischende Getränke und baden-württembergische Spezialitäten und ließen den Abend in gemütlicher Runde und anregenden Gesprächen ausklingen.