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Bundesverkehrswegeplan 2001 bis 2015

Halbzeitbilanz und Perspektiven

Der Bundesverkehrswegeplan, der 2003 von der damaligen Bundesregierung vorgelegt wurde, beschreibt den Investitionsbedarf der Bundesverkehrswege für den Zeitraum 2001 bis 2015. Pro Mobilität zog am 18. Juni vor 200 Teilnehmern zur Hälfte der Laufzeit eine Zwischenbilanz.

Pro Mobilität-Präsident Dr. Peter Fischer stellte in seiner Begrüßung fest: "Der Bundesverkehrswegeplan entspricht nicht mehr der Realität. Der Verkehr hat uns schon überholt". Bereits heute sei die für 2015 vorhergesagte Nachfrage erreicht. Deshalb sei es zwar positiv, dass die Investitionsziele im Bereich der Fernstraßen bisher weitgehend erreicht worden seien. Doch dies sei nicht ausreichend, da höhere Kapazitäten als erwartet und zusätzliche Erhaltungsmaßnahmen benötigt würden. Das jährliche Investitionsvolumen von gut 10 Milliarden Euro für die drei Verkehrswege sei bisher nur einmal erreicht worden.

Sorge bereite, dass sich für die kommende Hälfte erhebliche Finanzierungsprobleme abzeichneten. So sei der Bundesverkehrswegeplan mit Investitionen in die Fernstraßen von jährlich 5,17 Mrd. Euro kalkuliert worden. Dabei seien durchschnittlich 2,51 Milliarden Euro für die Erhaltung und 2,65 Milliarden für den Neu- und Ausbau erforderlich. Unter Berücksichtigung der jüngst stark gestiegenen Kosten im Straßenbau müssten zumindest 5,6 Milliarden Euro pro Jahr bereitgestellt werden, dahinter blieben die Ansätze für die nächsten Jahre weit zurück. Ähnlich sei die Situation auch bei der Schiene. Die Finanzplanung der Bundesregierung sei unzureichend. Die Verkehrswege benötigten mehr Geld, um den Bundesverkehrswegeplan bis 2015 umzusetzen.

Im Hinblick auf die Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans forderte Fischer, sich hier von den Ankündigungen im Masterplan "Güterverkehr und Logistik" zu lösen und die Stärkung aller Verkehrswege anzustreben. Vor allem müsse die Umsetzung beschleunigt werden. Eine Neubewertung der Einzelprojekte solle sich auf Einzelfälle beschränken. Mehr Effizienz erreiche man auch, wenn bei der Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans die Eignungsprüfung für PPP Standard bei der Projektbewertung sei.

"Verkehrspolitik ist nicht wertfrei", stellte Achim Großmann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium fest. Es sei eine verkehrspolitische Philosophie notwendig, um die Menschen bei wachsendem Verkehr mitzunehmen. Deshalb müsse Verkehrspolitik soziale, ökologische und ökonomische Maßstäbe auch bei der Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans anlegen. Diese fänden sich sowohl im Masterplan "Güterverkehr und Logistik" wie auch im Investitionsrahmenplan der Bundesregierung für die Jahre 2006 bis 2010 ein alle Verkehrswege integrierender Ansatz.

Großmann zog eine Bilanz der bisherigen Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans für die Schiene, Straße und Wasserstraße. Er sprach dabei die Investitionskürzungen im Zuge des Subventionsabbaus 2003 und deren Aufstockung durch die Genshagen-Beschlüsse von 2005 an. Für den Bereich der Fernstraßen berichtete er, bis Ende 2007 seien rund 47 Prozent des Neubaus und 23 Prozent des Ausbaus realisiert worden.

Er stimmte der Einschätzung von Präsident Fischer zu, dass die Verkehrsnachfrage den Plan schon überholt habe. Dies werde bei den Hinterlandanbindungen der Seehäfen besonders deutlich. Die Bundesregierung habe den Appell aus der Wirtschaft, mehr für die Straße zu tun, verstanden. Er warb aber auch um Anerkennung, denn der Bund investiere deutlich mehr in die Erhaltung seines Netzes als viele Länder in ihre jeweiligen Landesstraßennetze.

Bei den Investitionen müsse das Kuchenstück für die Erhaltung größer werden, stellte Großmann fest. Hier komme man von 1,7 Milliarden Euro pro Jahr, sei heute bei rund zwei Milliarden Euro und strebe 2,3 Milliarden Euro an. Er unterstützte neue Finanzierungswege wie PPP nach dem A-Modell. In Kürze werde es eine neue Tranche von Vorhaben geben. Im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (VIFG) räumte er ein, dass sich die Koalition im Zusammenhang mit einer Kreditfähigkeit noch nicht einig sei.

Mit der Überprüfung des Bundesverkehrswegeplans ab dem Jahr 2009 dürfe keine neue "Wünsch dir was-Runde" eingeläutet werden. Es müsse darum gehen, neue Konturen zu zeichnen und einzelne Vorhaben zu überprüfen. Investitionen seien da zu verstärken, wo sie gesamtwirtschaftlich erforderlich sind. Er verwies aber auch auf die Mitsprache von Ländern und Parlament. Prioritäten nach Kosten-Nutzen-Relation zu setzen, sei wichtig, dürfe aber nicht um jeden Preis den Ausschlag geben. Als Beispiel nannte er die Entlastung von Orten durch aufwändige Tunnellösungen. Im Hinblick auf die Verkehrsnachfrage liege die neue Vernetzungsprognose 2025 bereits vor.

Abschließend sprach er noch die Diskussion um die Harmonisierungsmaßnahmen für das Güterkraftverkehrsgewerbe, die Wegekostenrechnung 2007 und die geplante Anhebung der Lkw-Maut an. Der Parlamentarische Staatssekretär kündigte an, dass die Investitionen in die Verkehrswege 2009 10,2 Milliarden Euro erreichen sollen.

Während der von MDR-Korrespondent Dr. Jörg Kürschner moderierten Podiumsdiskussion sagte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Hans-Peter Friedrich, Verkehr und Mobilität seien keine lästige Nebenerscheinung, sondern die Grundlage der Wirtschaft. Wenn nichts geändert werde, werde man im Stau ersticken. Der CDU-Abgeordnete forderte mehr Investitionen in die Straße und kritisierte den Zeitpunkt der geplanten Lkw-Mauterhöhung mit Blick auf die hohe Belastung des Güterkraftverkehrsgewerbes aus gestiegenen Dieselpreisen. Friedrich sprach sich für eine Stärkung der VIFG aus und forderte Klarheit von der Bundesregierung, dass endlich "Verkehr den Verkehr finanziert". Er plädierte dafür, mehr als bisher eine gesellschaftliche Akzeptanz für Straßen zu schaffen, in dem man verstärkt auf die volkswirtschaftliche Bedeutung von Mobilität hinweise. Er dankte Pro Mobilität für die Unterstützung bei seiner Forderung, die VIFG kreditfähig zu machen.

FDP-Verkehrspolitiker Horst Friedrich schloss sich der Kritik an, er erhob zudem Zweifel an der Grundlage der Mauterhöhung und forderte eine Diskussion über das Wegekostengutachten im Bundestag. Der Bundesregierung warf er vor, insbesondere im Hinterlandverkehr die Steigerungsraten im Verkehr völlig unterschätzt zu haben. Es könne nicht länger angehen, dass das Geld aus der Maut nicht an die VIFG sondern an den Finanzminister fließe. Wenn die Politik den Verteilungskampf mit den Sozialausgaben weiter zulasse, sei ein Finanzdesaster im Verkehr nicht zu verhindern.

Ulrich Klaus Becker, Vize-Präsident des ADAC, sagte, Stauvermeidung sei auch unter ökologischen Gesichtspunkten wichtig. Er forderte den Bund auf, vor allem die Verkehrshauptachsen besser auszubauen und das Stellplatzangebot für Lkw auszuweiten. Allein durch den Güterverkehr gebe es 280.000 Arbeitsplätze, zitierte Becker aus einer neuen ADAC-Studie. 381 Mrd. Euro Umsatz und knapp 6 Millionen Arbeitsplätze seien an den Straßenverkehr gekoppelt. Becker forderte einen Finanzierungskreislauf für die Fernstraßen und bezifferte den jährlichen Bedarf für Neu- und Ausbau mit 7 Milliarden Euro.

Der Obmann für Verkehrspolitik in der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Dr. Anton Hofreiter bezeichnete es als unrealistisch, dass der Verkehr im Wettbewerb mit Sozialpolitik mehr Geld bekomme. Er sprach sich für eine gezieltere Verwendung vorhandener Mittel ein und verteidigte die geplante Erhöhung der Lkw-Maut.

Jörg Eschenbach, Vorstandsvorsitzender der F. Kirchhoff AG sagte, durch staubedingte Verspätungen entstünden jedes Jahr Kosten in Millionenhöhe. Die Nutzer zahlten zudem viel mehr als sie zurückbekämen. Das Präsidiumsmitglied von Pro Mobilität wies auf das Gefährdungspotenzial durch Staus hin. Allein aus Sicherheitsgründen sei die Aufstockung der Investitionen in die Fernstraßen unbedingt erforderlich.