Brückenerhalt und -modernisierung als zentrales Handlungsfeld für 2022

Die Sperrung der Talbrücke Rahmede auf der A45, aufgrund schwerwiegender Schäden am Stahlgerüst, und der dadurch notwendige Abriss des Brückenbauwerks, verdeutlicht einmal mehr den besorgniserregenden Zustand der Brückeninfrastruktur an Bundesfernstraßen. Dieser und ähnlich gelagerte Fälle in der Vergangenheit, wie die Sperrung der Leverkusener Rheinbrücke oder der Salzbachtalbrücke an der Autobahn 66 bei Wiesbaden im vergangenen Jahr, verursachen Engpässe und Staus sowie hohe volkswirtschaftliche Kosten durch Umwege oder abgeschnittene Betriebe. Die neue Bundesregierung muss deshalb dafür Sorge tragen, die Verfügbarkeit und Sicherheit der etwa 40.000 Brücken im Bundesfernstraßennetz durch umfangreiche Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen aufzulösen. Dazu bedarf es in erster Linie einer nachhaltig gesicherten Finanzierungsperspektive und einer weiteren Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren. Mit der Arbeitsaufnahme der Autobahn GmbH des Bundes im vergangenen Jahr bietet sich zudem  die Möglichkeit ein effizietes, datenbasiertes Verkehrsinfrastruktur-Managementsystem zu etablieren, in dem neue, verlässliche und werthaltige Informationen über die Verkehrsinfrastuktur gesammelt und dann per Knopdruck auf Bauwerks- und Netzebene analysiert und verknüpft werden können. Eine verbesserte Zustanderfassung und die daraus resultierenden Erhaltungsbedarfsprognose kann wiederum die Notwendigkeit zur Steigerung von Investitionen in Ingenieurbauwerke an Bundesfernstraßen und der Fortschreibung einer hohen Verkehrsinvestitionslinie verdeutlichen.

Zustand der Brücken an Bundefernstraßen

Etwa 40.000 Brücken bzw. über 52.000 Brücken-Teilbauwerke mit einer Brückenfläche von über 31,08 Mio. m2 befinden sich laut aktueller Brückenstatistik der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) im deutschen Fernstraßennetz. Ein Großteil der Bauwerke, insbesondere in den westlichen Bundesländern, wurde bereits zwischen 1960 und 1985 errichtet. In Nordrhein-Westfalen wurden beispielsweise rund drei Viertel aller Autobahnbrücken in diesem Zeitraum gebaut. Bezogen auf die Brückenflächen wurden etwa 60% aller derzeit in Deutschland bestehenden Bauwerke vor 1985 gebaut. Seit der Jahrtausendwende nimmt der Brückenneubau an Bundesfernstraßen kontinuierlich ab und die Baumaßnahmen beschränken sich im Wesentlichen auf Lückenschlüsse. Während zwischen 2005 und 2019 eine stetige Verringerung des Anteils der Brückenbauwerke mit den Zustandsnoten „sehr gut“ oder „gut“ erfolgt, konnte dieser negative Trend durch zusätzliche Anstrengungen im Bereich der Brückenmodernisierungen seit 2019 gestoppt werden. Darüber hinaus konnte der Anteil an Teilbauwerken mit einer Bewertung von „nicht ausreichend“ und „ungenügend“ von 15% im Jahr 2005 auf unter 5% in Jahr 2021 verringert werden.

Finanzierung und Sonderprogramme

Die Modernisierung der Brücken an Bundesfernstraßen kann nur durch eine langfristig gesicherte Finanzierung ermöglicht werden. Für die Realisierung der Baumaßnahmen stellt der Bund seit dem 01.01.2021 der Autobahn GmbH des Bundes die Haushaltsmittel für die Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen in Bundesverwaltung zur Verfügung. Aus dem Finanzierungs- und Realisierungsplan der Autobahn GmbH des Bundes geht hervor, dass für den Erhalt von Brückenbauwerken im Zeitraum zwischen 2021 und 2025 etwa 5,4 Mrd. Euro aufgewendet werden sollen. Zählt man die geplanten Kosten für Fahrbahnerneuerungen und ähnliche Erhaltungsmaßnahmen hinzu, kann der Bedarf an Investitionsmitteln für Erhaltungsmaßnahmen bis 2025 auf etwa 15,1 Mrd. Euro beziffert werden. Gemäß der derzeitigen Finanzplanung des Bundes ergibt sich hier eine Finanzierungslücke von etwa 0,3 Mrd. Euro.

Im Sinne einer übersichtlicheren Darstellung werden die Mittel und Maßnahmen der Brückenmodernisierung mit einem Einzelbauvolumen über 5 Mio. Euro seit 2015 als „Programm Brückenmodernisierung“ zusammengefasst. Das neue Sonderprogramm „Brücken-Link“ setz an dem ursprünglichen Brückenmodernisierungsprogramm an und soll dafür Sorge tragen, dass einzelne Strecken aus dem Brückenmodernisierungsnetz in den kommenden Jahren zielgerichteter in Angriff genommen werden. Bis zum Jahr 2026 sollen in dem Programm fünf Streckenabschnitte mit insgesamt 515 Brücken-Teilbauwerken modernisiert werden. Die in der Haushaltsplanung bis 2025 vorgesehenen Finanzmittel für das „Programm Brückenmodernisierung“ betragen im Jahr 2022 950 Mio. Euro und in den Folgejahren jeweils 959 Mio. Euro.

Handlungsbedarf

Die gestiegenen Verkehrsleistungen der vergangenen Jahrzehnte, insbesondere im Bereich des Schwerlastverkehrs, sowie die Altersstruktur eines Großteils der Brückenbauwerke an Bundesfernstraßen erfordern umfangreiche Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Eine Zustandsverbesserung ist, wie die zahlreichen Beispiele der letzten Jahre zeigen, dringend notwendig, um die Sicherheit und Verfügbarkeit dauerhaft zu gewährleisten. Dazu bedarf es einer nachhaltig gesicherten Finanzierungsperspektive, die teilweise durch die Haushaltsplanung bis 2025 in Form des „Programms Brückenmodernisierung“ gegeben ist. Da bis 2025 jedoch bereits eine Investitionslücke bei Erhaltungsmaßnahmen besteht und aufgrund der Preissteigerungsraten für Bauleistungen in den vergangenen Jahren und der aktuell starken Verteuerung von Baustoffen und Baumaterialien, werden diese Mittel jedoch nicht ausreichen. Pro Mobilität fordert daher eine Aufstockung der Finanzmittel und deren langjährige Verstetigung, um die Brückenbauwerke an Bundesfernstraßen fit für die Zukunft zu machen. Notwendig ist eine sichere Finanzierungsperspektive über die Dekade hinaus, damit Firmen und Verwaltung in den Aufbau von Kapazitäten, insbesondere beim Fachpersonal, investieren können.

Des Weiteren müssen Planungs- und Genehmigungsverfahren weiter beschleunigt werden, um dringend notwendige Sanierungen schnellstmöglich durchführen zu können. Dazu wurden bereits in der laufenden Legislaturperiode, auch auf Initiative von Pro Mobilität, Gesetzesinitiativen beschlossen. So werden beispielsweise Ersatzneubauten nun nicht mehr als Neubau, sondern als Instandsetzungsmaßnahme behandelt, wodurch auf langwierige Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren verzichtet werden kann. Diese Einstufung sollte auch auf Autobahnbrücken mit angepasster Kapazitätserweiterung ausgeweitet werden.